„Unsere Profile passen sehr gut zusammen. Wir sollten uns kennenlernen!“

Rebecca Schmidt
Rebecca Schmidt

Wenn Sie eine solche Nachricht in Ihrem Mailfach vorfinden, schreibt Ihnen entweder ein Reifenhändler mit Hang zum verquasten Wortspiel, oder aber Sie tummeln sich gerade auf einem der unzähligen Internet-Portale, die dafür Sorge tragen, dass sich sexuell Unbefriedigte (geben viele unumwunden zu), notorische Stubenhocker (gibt kaum einer zu) und risikobereite Sozialforscher (sollte besser keiner zugeben) einander begegnen. Ob diese Begegnungen dann tatsächlich in realen Treffen münden, oder aufgrund unterirdischer Mailkommunikation (schlimmer noch: durch das Freischalten von Fotos) scheitern, das bleibt dem Zufall überlassen.

Doch der Reihe nach.

Stichwort erster Kontakt. Nach fast drei Jahren des Umherwandelns in den Untiefen diverser Dating-Portale weiß ich: Ist die erste Mail des Gegenübers besonders wort-reich, lässt dies zwar auf ein großes Mitteilungsbedürfnis des Schreibers schließen, ein hohes Maß an Esprit ist bei Selbigem deshalb aber zwangsläufig nicht zu erwar-ten.
Da helfen auch keine zweifelhaften Anpreisungen wie: „Ich bin durchaus tageslicht-tauglich!“ (mit der Optik steht’s also nicht wirklich zum Besten) oder „Ich verstehe es, mich auf den Parketten dieser Welt, sicher zu bewegen.“ Die Parkette dieser Welt? Klar, sind die gerade frisch gebohnert, ist es nicht verkehrt, wandelt man auf ihnen entschlossenen Schrittes.

Aber auch in der Kürze liegt nicht immer die viel gepriesene Würze. „Alles kann, nichts muss!“ oder „Ich möchte, dass wir uns auf Augenhöhe begegnen!“ (verdammt, bei meinen 1,53 m muss ich also einen dieser kleinen Männer daten, vor denen mich meine Mutter immer gewarnt hat) – bei solchen Äußerungen frage ich mich stets, ob es inzwischen auch Ratgeber zum Thema „Wie formuliere ich eine Kontaktfrage möglichst unglücklich?“ gibt. Zugegeben: Die Schreiber sind wahrscheinlich genau dies – unglücklich. Aber ach, wie groß muss die Verzweiflung erst sein, wenn man sich zu Formulierungen hinreißen lässt wie: „Ich bin fix vergeben, doch es ist alles eingelaufen!“?

Tja, Beziehungen und Wäsche waschen haben scheinbar doch mehr gemeinsam, als gemeinhin vermutet.

Wenn man nicht acht gibt, passt’s irgendwann vorne und hinten nicht mehr. Vielleicht aber könnte diesem Reigen kommunikativer Unsäglichkeit Einhalt geboten werden und zwar mit: Schweigen. Nix schreiben, nix reden – einfach Klappe halten. Darauf setzt – mit Einschränkung – auch eine spezielle Form des Kennenlernens – das sogenannte Silent Dating. Kleine Zettelbotschaften sind hier zwar erlaubt, im Fokus steht aber vor allem Nonverbales. Wie ist die Körperhaltung meines Gegenübers? Kann man ihn riechen oder nicht? Was sagt seine Mimik?

Ein Versuch ist es allemal wert, denn wie sagte der bekannte Kommunikationswis-senschaftler und Psychotherapeut Paul Watzlawick schon so schön: „Man kann nicht NICHT kommunizieren“.