Sie sind fünfzehn oder sechzehn Jahre alt. Sie tragen einen dieser Mitte/Ende-der-Neunziger-Jahre-Mode-Namen wie Anna, Sarah oder Laura. Die Körbchengröße der meisten von ihnen bewegt sich schon jetzt in Sphären, die es scheinbar zu der Zeit als meine Brüste noch wuchsen, nicht mal annähernd gab und: sie wollen wissen, wie sie so sind – die Männer. Zumindest wollte das vor kurzem die Tochter einer meiner Freundinnen.
In mütterlicher Sorge, was sie denn als mehrfach Verlassene und nun schon seit mehreren Jahren Alleinerziehende ihrem Kind antworten soll, rief besagte Freundin schließlich bei mir an, um die Frage erstmal an mich weiterzureichen. Zufällig war ich kurz zuvor beim Umräumen meiner Wohnung (das ist übrigens nicht typisch männlich, denn – einmal eingerichtet – räumen Männer ihre Wohnung so gut wie niemals um) auf ein Buch gestoßen, das mir meine Oma gab, als ich selbst auch sechzehn war. Das gute Stück stammt aus dem Jahr 1926, trägt den bedeutungsvollen Titel ‚Vor den Toren der Ehe’ und wartet auf mit Erkenntnissen wie : „Der Mann ist von Grund auf anders als die Frau, wenn es auch noch so viele Zwischenstufen männlicher Frauen und weiblich empfindender
- Rebecca Schmidt
Männer gibt, die den Unterschied oftmals verwischen“.
Tja, das las ich meiner Freundin dann vor und wir kamen zu der Überzeugung, dass sich daran scheinbar auch in den letzten 86 Jahren nicht wirklich was geändert hat. Es gibt solche und solche Männer, jeder ist auf seine Weise anders und doch scheint es – zumindest für die meisten – sowas wie ein bestimmtes Strickmuster zu geben. Kennt man dieses Strickmuster heißt das zwar nicht, dass man als Frau Männer besser versteht, aber es kann womöglich dabei helfen, glücklicher im Umgang mit ihnen zu sein.
Und das beginnt schon bei der sogenannten W-Regel ‚Tue nichts, das mit W anfängt!’. Na ja, nichts ist vielleicht etwas übertrieben – wenig W-Aktionen tun es sicher auch schon. Dazu zählt beispielsweise: warten auf ihn, ihm was-wäre-wenn-Fragen stellen, seinetwegen weinen oder – wühlen. Letzteres verbietet sich nicht nur bezogen auf seine Wohnung, auch im Leben eines Mannes sollte man nicht unnötigerweise wühlen. Was nicht beantwortet wird, selbst nach dreimaligem Nachfragen (wohlgemerkt: nicht dreimal hintereinander, sondern mit gebührendem Abstand, damit er sich an die Frage gewöhnen kann), das will, kann oder soll einfach keine Antwort bekommen. Und ich weiß aus eigener Erfahrung: kommt es zu einer solchen Situation ist es am Besten, man nimmt’s gelassen.
Männer handeln nämlich häufig nach dem Vermeidungs-Prinzip, das da heißt ‚Vermeide, was dir Stress bereiten könnte’. Außerdem agieren sie aus Erfahrungswerten heraus. Haben sie gelernt, dass die Antwort auf eine bestimmte Frage bei zwei Frauen Entsetzen ausgelöst hat, werden sie sich hüten, der dritten das Gleiche zu erzählen. Dass die dann womöglich ganz anders reagieren könnte, haben sie dabei zwar nicht auf ihrem Radar, aber letztlich ist ein solches Verhalten doch auch nur logisch und vernünftig. Und wenn es stimmt, dass Männer mehr vom Verstand geleitet werden (je nachdem, wieviel davon vorhanden ist) als von ihren Gefühlen, dann ist das eben so. Und das hat doch auch durchaus sein Gutes.
Frau kann dadurch nämlich lernen, die Dinge entspannter zu sehen und nicht mehr alles und jeden bis ins Kleinste zu hinterfragen. Wenn sich Mann eben auch alleine mit seinen Freunden treffen möchte, wenn er irgendwann nicht mehr so oft ‚Ich liebe Dich!’ sagt, wie zu Beginn der Beziehung und wenn er das Flirten mit anderen Frauen nicht als alles-in-Frage-stellendes-Problem betrachtet – tja, dann ist das eben so. Männer (und wenn wir mal ganz ehrlich sind: auch Frauen) brauchen ihre Freiheit. Ich habe gelernt, dass dies einer der ganz entscheidenden Schlüssel für das Miteinander von Frauen und Männern ist. Das heißt zwar nicht, dass es nicht auch mit Freiheit schief gehen kann, aber ohne Freiheit funktioniert es garantiert nicht.
Das Gespräch zwischen meiner Freundin und ihrer Tochter steht noch aus und ich weiß auch gar nicht, wieviel ein Männer-sind-so-und-so-Gespräch einer Sechzehnjähringen wirklich bringt.
Der österreichische Schriftsteller Heinrich Waggerl hat mal gesagt: „Man kann einen Birnbaum nicht mit der Peitsche antreiben, damit er vorzeitig Früchte trägt, oder den Weizen an den Wurzeln kitzeln, dass er schneller reift“. Wie alt der Birnbaum oder der Weizen dabei sind – ich glaube, das ist egal. Hauptsache, man gibt sich zum Früchte Tragen die nötige Zeit und Freiheit.
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