„Er führte sie in sein Reich, wo er mit Freuden empfangen ward, und sie lebten noch lange glücklich und vergnügt.“

Ja, ja, so enden viele Märchen der Brüder Grimm, zu deren Ehren wir 2013 im sogenannten ‚Grimm Jahr’ schwelgen. Anlass dafür ist unter anderem, dass die Grimmschen ‚Kinder- und Hausmärchen’ letzten Dezember zweihundert Jahre alt wurden.

Schon zweihundert Jahre also, wähnen wir uns in einer Welt, in der wir Märchenprinzen und -prinzessinnen vermuten und in der wir heimgeführt werden wollen in ein Reich, in dem man mit Freuden empfange wird und glücklich lebt bis ans Lebensende. Aber abgesehen davon, dass es von solchen Paradiesen nicht gerade wimmelt, sind die Single-Prinzen und -Prinzessinnen solcher Ländereien auch nicht immer gerade der märchenhafte Hit in Dosen.

Da wären beispielsweise Prinz Harry und Prinz Andrew aus Großbritannien – Nummer drei und vier der britischen Thronfolge. Der eine ist aktuell der wohl begehrteste Junggeselle der Welt, beweißt mit Naziverkleidungen oder auch mal ganz ohne Klamotten, aber nicht immer gerade Stilsicherheit in Sachen Party-Outfit. Außerdem scheint er einen Hang zu On-/Off-Beziehungen zu haben, worauf man auf Dauer sicher auch gut verzichten kann.

Der andere hat mit Andrew Albert Christian Edward Mountbatten-Windsor zwar einen echt coolen Namen und mit der Bezeichnung ‚Duke of York’, einen hippen Titel zu bieten, aber dafür steckt er mit seinen 53 wahrscheinlich auch gerade fett in der Midlife-Crisis und trauert – im Zuge sinkender sexueller Anziehungskraft – womöglich früheren Zeiten nach, in denen er als ‚Randy Andy’ also ‚Geiler Andy’ galt.

Schauen wir uns hierzulande um, so wäre da zwar kein Königs- aber immerhin ein ganzes Fürstenhaus zu ‚haben’ – zumindest sofern ich die Regenbogenpresse richtig deute -.

Albert von Thurn und Taxis (bald 30), Elisabeth von Thurn und Taxis (Alberts Schwester und 31), Maria Theresia von Thurn und Taxis (Richtig! Noch `ne Schwester und demnächst 33) und – ich glaub’ – die Mutter Gloria von Thurn und Taxis ist auch noch frei, aber die geht einem mit ihrem Mix aus moralingetränktem Katholizismus, Ideen, wie: der Mensche sei ein „monogames Tier“ und den Benimm-Kursen auf ihrem Schloss in Regensburg sicher irgendwann mächtig auf den Single-Geist.

Aber selbst wenn wir uns dafür erwärmen könnten, die Queen oder eine Gloria von Thurn und Taxis eventuell als Schwiegermutter zu bekommen; selbst wenn wir es akzeptabel fänden, mit solchen Menschen an der Seite wohl auch ständig `nen ‚Gala’- oder `nen ‚Frau im Spiegel’-Reporter an der Backe zu haben – wie sollte man solche vermeintlichen Märchenprinzen und -prinzessinnen denn überhaupt kennenlernen?

Ganz bestimmt nicht, wie im Märchen! Denn wie sich die Jungs und Mädels dort über den Weg laufen, ist manches Mal schon ziemlich absurd.

Nehmen mal die Geschichte von ‚Rapunzel’. Benannt nach einer Glockenblume, deren Wurzeln ganz passables Gemüse und Salat abgeben, haben wir es hier mit der Inhaberin verdammt langer Haare zu tun, die außerdem scheinbar auch was mit den Ohren hat. Auf den Spruch: „Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter“, lässt das Mädchen üblicherweise selbiges aus den luftigen Höhen eines Turmfensters herabgleiten und eine alte Zauberin – die Rapunzel in diesen Turm gesperrt hat – klettert an den Haaren hoch. Soweit, so gut! Eines Tages bekommt der Sohn des Königs (welchen Königs ist nicht erwähnt) diese haarige Aufzugsnummer mit und beschließt, sein Glück auch mal zu versuchen. Er sagt den Spruch auf, die Haare fallen runter, er klettert hoch und dann heißt es: „Anfangs erschrak Rapunzel gewaltig, doch der Königssohn fing an, ganz freundlich mit ihr zu reden und erzählte ihr, dass von ihrem Gesang sein Herz so sehr sei bewegt worden, dass er sie habe sehen müssen“. Logisch! Wenn da plötzlich `ne Männer- -statt wie gewöhnlich- `ne Frauenstimme zum großen Haarbelastungstest ruft, ist das natürlich kein Grund zum Stutzigwerden. Aber zumindest muss es Rapunzel doch gesehen haben, dass da gerade ein Typ an ihrem Zopf hochsteigt. Also, wohl ein typischer Fall von schlecht hören und schlecht sehen.

Oder die Story von ‚Dornröschen’. Da verpennt ein gesamtes Königreich inklusive Königstochter geschlagene einhundert Jahre und jeder Königssohn im Umkreis weiß, dass das Durchdringen der Dornenhecke – die die Schlafenden umgibt – bis jetzt noch jedem den Tod eingebracht hat. Aber dann kommt ein wackerer Recke des Wegs daher und sagt sich: „Ich fürchte mich nicht, ich will hinaus und das schöne Dornröschen sehen“. Wohlgemerkt: wir befinden uns in einem Märchen und ich wage zu bezweifeln, dass unser Held je irgendein Gemälde – geschweige denn ein Foto – von Dornröschen zu Gesicht bekommen hat. Da setzt also einer sein Leben auf’s Spiel, weil er annimmt, da schlummert die optische Offenbarung in Prinzessinnengestalt, die jedes Männerherz höher schlagen lässt. Und was ist, wenn das zwar unter Umständen sogar stimmt, Dornröschen aber `ne dumme Nuss mit `nem Sprechfehler ist und am Ende auch noch Mundgeruch hat (was nach hundertjähriger Unterbrechung der Mundpflege kein Wunder wäre)?

Man könnte mit solchen Beispielen noch ziemlich lange weitermachen und käme doch nur zu dem, was Josefine Baker – die Schöpferin des Bananenrock-Tanzes – mal mit den Worten umschrieb: „Unsere Träume können wir erst dann verwirklichen, wenn wir uns entschließen, daraus zu erwachen“. Also, weg mit den überhöhten Traumpartner-Vorstellungen. Es gibt auch Märchen ohne Prinz oder Prinzessin. Aber diese Geschichten stammen dann nicht unbedingt von den Brüdern Grimm, sondern vielleicht von Uschi und Klaus.