Sie werden ‚Selfies‘ genannt und gelten als zeitgemäße Form der Selbstdarstellung im Internet – schnelle Schnappschüsse, die üblicherweise mit einem Smartphone oder einer Digitalkamera eigenhändig aufgenommen werden.
Unter der Überschrift „Tu nicht so, als wäre dir dein Aussehen egal“ schrieb ‚Die Welt‘ dazu vor Kurzem ironisch: „Du musst […] keine Angst davor haben, dass man dich für verrückt halten könnte, wenn du dich unablässig selbst fotografierst und die Bilder ins Internet stellst. […] Wie dein Selfie aussieht, kannst du selbst kontrollieren: dein Ich, wie andere es sehen sollen“.
Angeblich liegt der Ursprung der Selfie-Mania im Bereich von Dating-Websites, wo es bei der Partnersuche ohne Foto mitunter einfach mal schwierig wird. Und da ein solches, im Moment der meist kurzentschlossenen Anmeldung, natürlich oftmals nicht zur Hand ist – schwuppdiwupp und klick, schnell ist eines gemacht und im nächsten Moment steht es auch schon im Netz.
Da kurz entschlossen aber leider nicht zwangsläufig einhergeht mit gut gemacht, hier nun eine Liste, der – meines Erachtens nach – zehn schlimmsten Selfie-Ablichtungssünden, mit denen man garantiert keinen hinterm Single-Ofen hervorlocken kann.
Platz 10:
Horror-Selfies: hier scheint es vor darum zu gehen, mittels Theaterschminke, Kunstblut und irgendwelcher aufgeklebter Silikon-Narben (die Pickel drum rum sind meistens leider echt) bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Gaaaanz tolle Idee!
Platz 9:
Man schießt in dem Moment ein Foto, in dem man gerade mal tierisch dringend auf’s Klo muss und die Körperhaltung – mit den über Kreuz verschränkten Beinen – demzufolge alles andere als entspannt wirkt.
Oder aber: Es ist Heuschnupfenzeit und in der Nase verursacht ein Nieser in Warteschleife zunächst ein tierisches Kribbeln und einen nicht minder bescheuerten Gesichtsausdruck. Kommt es dann schließlich im nächsten Moment zur Eruption, veranlasst das dies zudem den Finger, vorzeitig auf den Auslöser zu drücken, so dass jeder einzelne der rund 40.000 Partikel, die bei jedem Niesen freigesetzt werden, nochmal eben kurz in die Kamera lächeln kann.
Platz 8:
Passt die Brennweite des Objektivs nicht zum Abstand dessen, was ich ablichten möchte (in diesem Fall, also mich selbst), vermitteln die so entstandenen Fotos das, was man sonst nur vom Vollrausch oder dem Genuss diverser ‚bewusstseinserweiternder‘ Drogen kennt: alles wirkt irgendwie größer, breiter und nicht so wirklich am rechten Platz.
Platz 7:
Apropos Vollrausch: vom sich selbst bildlich in Szene Setzen nach einer durchzechten Nacht (wobei hierzu auch soeben überstandene Heulexesse zu zählen sind) ist dringend abzuraten. Augenringe à la Aristoteles Onassis oder verpeilte Blicke wie von Clarence dem schielenden Löwen, will keiner wirklich sehen.
Platz 6:
Eines, der wohl mit Abstand unbeliebtesten Körperteile ist der … genau: Fuß. Ob man nun einen davon oder gleich beide per Schnappschuss verewigt, oftmals ist der Anblick der Jungs, die – je nach Region – mitunter so wenig melodische Bezeichnungen tragen wie: Quanten, Mauken, Laufwarzen oder Quadratlatschen, für viele wahrhaft eine Zumutung. Sigmund Freud gab dem Fuß zwar eine phallisch-sexuelle Bedeutung, weil der ja in den Schuh (sprich in die Vagina) schlüpfe – und demzufolge wäre ein Fußabbild also eine echte Botschaft – aber ob man von dieser unbedingt Kenntnis erlangen muss?!?
Platz 5:
Sich in einem T-Shirt mit dem Aufdruck des Namens einer weltweit bekannten Suchtklinik abzulichten und dabei `ne Flasche Korn in der einen und `nen Joint in der anderen zu haben, mag für den ein oder anderen zwar ein echter Schenkelklopfer sein; für all jene jedoch, die tatsächlich Probleme mit Drogen haben – ist das wohl eher ein No-Go.
Platz 4:
Gegen Gruppenfotos per se ist ja nicht wirklich was einzuwenden. Will man allerdings ein solches eigenhändig schießen und dabei möglichst viele mit auf dem Bild drauf haben, braucht man für den nötigen Abstand auf jeden Fall mal Teleskoparme. Okay, man kann die Kamera auch irgendwohin legen oder stellen, aber dann kommt mit Sicherheit ein Windstoß oder ein Tölpel des Wegs daher und das Ding landet auf dem Boden – oder der Klassiker: während des olympiaverdächtigen Spurts zurück zu den anderen, haut’s den Selfie aus den Schuhen und geknipst wird der wenig kunstvolle Sturz.
Hat man – wie gesagt – vor, das Ganze auf einer Dating Website zu platzieren, könnte einem ein derartiges ‚Suchbild‘ auch durchaus zum Nachteil gereichen. Denn: Nicht nur, dass es einer klaren Deutlichmachung bedarf, wer denn jetzt hier nun eigentlich derjenige ist, der singlemäßig auf der Suche ist; sollten alle anderen Bildteilnehmer zudem auch noch derart mehr Attraktivität an den Tag legen, dass man selbst dabei hässlich wie die Nacht rüberkommt – fällt das wohl eher in die Kategorie: Viel gewollt, wenig bis nichts erreicht.
Platz 3:
Es ist ja durchaus verständlich, wenn sich jemand zum Ablichten seiner schillernden Persönlichkeit einen Ort aussucht, der in keinster Weise von dem ablenkt, worum es bei einem Selbstporträt geht – nämlich: um einen selbst. Sich allerdings deshalb für karge, kalte Räumlichkeiten zu entscheiden, die eine Ausleuchtung wie im Leichenschauhaus haben, kann jedoch nicht wirklich Sinn der Sache sein. Fotografien in Aufzügen beispielsweise, bei denen das Licht für gewöhnlich von oben gnaden- und lieblos runterballert, lassen die Gesichtszüge nicht nur gruselmäßig hart und düster erscheinen, man hat mit solchen Fotos wohl auch eher Chancen eine Gastrolle bei den Munsters zu ergattern, als einen der sagenumwobenen Blumentöpfe zu gewinnen.
Platz 2:
Der Deutsche verbringt zwar angeblich ein geschlagenes Jahr seines Lebens im Bad, allerdings sollte er dabei ganz genau darüber nachdenken, was er währenddessen dort so alles treibt. Als definitive Verschwendung von Lebenszeit kann es gewertet werden, wenn der Badezimmeraufenhalt dazu genutzt wird, um sich dort – vor dem Spiegel stehend – selbst zu fotografieren. Ist die Person dabei unter Umständen auch noch teilweise oder gar völlig entblößt, bevölkern diverse Pflege- und Putzutensilien unrühmlich den Hintergrund und das reflektierende Blitzlicht sieht aus wie der Stern von Bethlehem – dann ist das Arrangement des Grauens nahezu perfekt.
Platz 1:
Uneinholbar an der Spitze sämtlicher selbstgeschossener Horroraufnahmen stehen für mich jene Bilder, die aus der Froschperspektive – also von unten nach oben – geschossen werden und so gnadenlos den Blick freigeben auf Nasenhaare, Popel und alles, was zu sehen, man sich sonst strikt weigern würde.
Fazit: Zwar gibt es das ungeschriebene Gesetz, dass in den wenigstens Fällen ein noch so schlecht gemachtes Bild auch wirklich hält, was es ‚verspricht‘, es aber vielleicht dennoch – bei aller Selfie-Mania – einfach mal darauf ankommen zu lassen und sich ohne einen vorherigen optischen Eindruck zu einem sogenannten Blinddate zu treffen, das kann auch durchaus reizvoll sein. Immerhin haben sich auf diese Art beispielsweise der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy und Carla Bruni kennen und lieben gelernt.>
Podcast: Play in new window | Download
Schreibe einen Kommentar